Digitale Transformation
09.08.2017, 14:11 Uhr
Digitalisierung – normale Evolution statt Hype
Bei der Digitalen Transformation geht es nicht nur um das Optimieren und Erneuern von Technologien, sondern auch darum, wie die Digitalisierung das Denken und die Arbeitsweise der Menschen verändern wird.
Nach Meinung des Autors haben rund 20 Prozent der Unternehmen das Thema Digitalisierung noch gar nicht auf dem Schirm oder es entsprechend priorisiert. Über die Gründe lässt sich nur spekulieren. Entweder unterschätzen Unternehmen das Thema Digitalisierung oder sie betrachten es nur als einen weiteren Hype mit dem Ergebnis, dass das Thema in der Schublade landet.
Dabei sind es vor allem Innovations- und Wachstumstreiber, welche die Digitalisierung ausmachen. Die Möglichkeiten, die sich mit modernen Technologien branchenübergreifend ergeben, sind mannigfaltig und Unternehmen dürfen sie nicht einfach ignorieren. Bereits jetzt werden im medizinischen Bereich Roboter für Operationen eingesetzt, da diese auch komplexe Eingriffe meistern können.
Die Digitalisierung ist kein Hype, der einfach wieder verschwindet. Die positiven Begleiterscheinungen der Digitalisierung werden so weitreichend und branchenübergreifend sein, dass selbst die nächsten Generationen ihre Auswirkungen noch spüren werden. Industrie und Produktion werden zum Beispiel vermehrt von zeitsparenden digitalen Prozessen profitieren. Die Vernetzung einzelner Kanäle wird die Kommunikation weltweit noch stärker optimieren.
Keine Branche, kein Unternehmen kann sich der Digitalisierung entziehen. Unternehmen, die zu spät mit der Digitalisierung beginnen, könnten gar den Anschluss an Mitbewerber verlieren. Das gilt vor allem in den Branchen, die schon jetzt aufgrund der Digitalisierung und vieler Mitbewerber einen besonders hohen Druck verspüren. Als Beispiel seien hier die Industrie oder der Online-Handel genannt, wo Unternehmen wie Siemens, Google und Amazon bereits sehr stark voranschreiten und dies auch künftig tun werden.
Digitale Transformation: erst die Kultur, dann die Technik
Auch wenn es bei der Digitalisierung primär darum geht, moderne Technologien sinnvoll in die Arbeitswelt zu integrieren, darf man die Digitalisierung nicht nur als technisches Thema verstehen. So wird die Digitalisierung unser Verständnis über das Thema Arbeit in den nächsten Jahren weiter verändern. Egal, ob klassischer acht-Stunden-Tag oder Anwesenheitspflicht am Arbeitsplatz, die Arbeitswelt wird sich weiter enorm verändern, getrieben durch die immer neuen Möglichkeiten der Digitalen Transformation.
Sobald Unternehmen das Thema Digitalisierung angehen möchten, sollten zunächst nicht primär Tools oder Technologien ganz oben auf der Agenda stehen, sondern Themen wie Organisation, Unternehmenskultur, Prozesse und Visionen. Für Unternehmen bedeuten Veränderungen zunächst viele Investitionen, sei es in Mitarbeiter, neue Geschäftsfelder oder neue Strukturen.
In den letzten zwei Jahren hat sich gezeigt, dass vor allem der klassische Mittelstand bei der Digitalen Transformation viel weiter ist als große Konzerne. So setzen Unternehmen mit 1000 bis 5000 Mitarbeitern im Bereich Digitalisierung größere Akzente sowie höhere Investitionen in Relation zu Konzernen. Sicherlich bedeutet eine komplexe Unternehmensstruktur mit weltweiten Standorten eine viel höhere Investition an Zeit und vor allem eine klare und transparente Strategie, jedoch werden hier auch oft andere Schwerpunkte gelegt.
Große IT-Unternehmen legen vermehrt Wert auf moderne Geschäftsmodelle, Datenauswertung und Controlling, der IT-Mittelstand setzt stärker auf Automatisierung und agile Methoden.
Vernetzung und Wachstum bieten mehr Flexibilität
Mittlerweile sind über 8,4 Milliarden Maschinen und Devices mit dem Internet verbunden (Quelle: Gartner) und miteinander vernetzt. Bis 2020 sollen es fast dreimal so viele sein. Das bedeutet ein unglaubliches Wachstum für Wirtschaft und Unternehmen sowie mehr Produktivität und Effizienz für unternehmensübergreifende Prozesse. Unternehmen und Konsumenten werden noch schneller Zugriff auf Produkte und Services haben.
Evolution der Digitalisierung: Alle Betroffenen zu Beteiligten machen
Unternehmen die erfolgreich digitalisieren wollen, müssen sämtliche Prozesse, Arbeitskulturen und Organisationsstrukturen miteinander in Einklang bringen. Eine standardisierte Vorgehensweise gibt es dafür nicht, jedoch sollten die Verantwortlichen Technologien nicht direkt zu Beginn des digitalen Transformationsprozesses betrachten. Zunächst müssen sie bestehende Strukturen und Prozesse hinterfragen und anpassen. Wo früher klassisch etablierte Prozesse wie Warenbeschaffung, Buchhaltung oder Logistik über einen längeren Zeitraum ohne größere Veränderungen funktionierten, bedarf es mittlerweile oft aller drei bis fünf Jahre einer Anpassung, da Partner, Lieferanten und Dienstleister nach und nach die Digitale Transformation mitgehen müssen.
Eine Möglichkeit wäre es die Mitarbeiter dafür zu sensibilisieren, ihren persönlichen Arbeitsbereich und den Umfang ihrer Arbeit auch kritisch zu hinterfragen. In vielen Fällen wissen die Mitarbeiter sehr genau, wo es in den Prozessen hakt und sie können wertvollen Input geben, was aus ihrer Sicht zu verbessern ist. Mit Spezialisten für bestimmte Fachbereiche lassen sich IST- Prozesse sauber analysieren und zusammen mit Technologieexperten, die auch den fachlichen Kontext verstehen, lässt sich der bestmöglichste Ansatz finden, um Zeit, Kosten und Aufwände zu minimieren, so dass sich Unternehmen und Mitarbeiter verstärkt auf ihre Kernthemen konzentrieren können.
Vor allem Systemadministratoren und Anwendungsentwickler sind gefragt
Neben den Kolleginnen und Kollegen in den Fachbereichen spielen vor allem auch die Systemadministratoren und Anwendungsentwickler eine große Rolle. Denn letztendlich übernehmen sie die Verantwortung für die Technologie und entwickeln sie im Kontext der Unternehmensanforderungen weiter. Das Wissen, das hierfür täglich notwendig ist, wächst stetig an. Damit ist nicht nur Wissen über Netzwerke, Buzzwords wie Software-as-a-Service (SaaS) oder über die Grundlagen zu IPv6 (Internet Protocol Version 6) gemeint. Entwickler müssen sich in ihren entsprechenden Rollen Spezialwissen aneignen und dies auch stets auf dem aktuellen Stand halten.
Der Cloud-Sektor mit fast wöchentlichen Neuerungen rund um IT-Security, Deployment-Strategien und Machine Learning hat eine Geschwindigkeit aufgenommen, die es IT-Fachspezialisten schwieriger macht, neben den Kernaufgaben den Überblick zu behalten. Eine Spezialisierung auf einem bestimmten Teilgebiet scheint hier nicht nur sinnvoll, sondern unabdingbar.
Auch die Unterscheidung zwischen klassischen Administratoren und Entwicklern wird zumeist schwieriger, da vor allem Cloud-Dienste und Architekturen sowie Infrastruktur und Entwicklung stark zusammenschmelzen. Viele Unternehmen setzen hier schon auf das Dev-Ops-Prinzip, das sich aus Development (Entwicklung) und Operations (Administration) zusammensetzt.
Die Etablierung von IT-Infrastrukturen und Softwareintegration optimieren
Ältere Vorgehen bei der Integration von Software und IT-Systemen haben durchaus ihre Berechtigung. Mittlerweile sind sie jedoch aus fachlichen wie auch aus technologischen Gründen stark überholt. Moderne Ansätze wie eine offene Fehlerkultur und agile Methoden helfen, neben technologischen Möglichkeiten wie automatisierten Test- und Deployment-Verfahren oder selbstständige Systemreparaturen vor allem dabei, die Aufwände für den IT-Betrieb zu verringern. Die eingesparte Zeit kann zum Beispiel für die Weiterentwicklung der Systeme genutzt werden.
Auch viele weiche Faktoren spielen hinsichtlich der strategischen Ausrichtung, welche die Digitale Transformation mit sich bringt, eine tragende Rolle. So werden die Smartphone-User immer jünger. Gerade diese Zielgruppe hat einen enormen Einfluss auf die Hersteller, vor allem durch ihr Kaufverhalten, sei es über das Device selbst oder durch sogenannte In-App-Käufe, also Services, die sich die Digital Natives innerhalb einer Applikation oder eines Spiels kaufen. In Zeiten von Telefon, Internet und Druckerpatronen-Flatrates steigen mit den Möglichkeiten der Digitalisierung auch die Erwartungen der Konsumenten. Die Messlatte für Technik und Services liegt immer höher, so dass die Entwicklungszeiten immer kürzer werden, bei gleichbleibender oder sogar höherer Qualität.
Fazit
Digitalisierung bedeutet mehr als nur Technik und neue Technologien, die unser Leben nur vereinfachen. Unternehmen profitieren von der Digitalisierung, da sie hilft, wichtige Prozesse zu beschleunigen. Aber erst wenn Unternehmen dafür sensibilisiert sind, welche mannigfaltigen Potenziale mit immer moderneren Technologien möglich sind und sie wissen, wie sie diese auch sinnvoll einsetzen können, kann aus einer Evolution eine Transformation werden. Unternehmen sollten deshalb die Mitarbeiter in den Fachbereichen, allein schon wegen des enormen Wissens über die Prozesse, in die Digitale Transformation involvieren. Zudem kann es sinnvoll sein, wenn IT-Spezialisten auch über den Tellerrand hinausschauen und dabei angrenzende IT-Themen in ihre tägliche Arbeit integrieren.