Editorial 13.08.2018, 00:00 Uhr

Software, oje!

Stellen Sie sich vor, Ihr Auto fährt wunderbar, doch plötzlich leuchtet eine Warnlampe auf. „Motor Check“ heißt es in der Anleitung.
Keine Angst. Es besteht keine unmittelbare Gefahr. Sonst wäre sie rot und nicht orange. Aber man möge doch bitte die nächste Werkstatt aufsuchen. Am besten, ohne zu fahren. Und am besten gestern. Andernfalls ist der Motor hin.
In der Werkstätte zeigt das Auslesen des Fehlerspeichers, dass die Lambda-­Sonde einen Fehler gemeldet hat. Die Untersuchung aber fördert kein Problem ­zutage. Beherztes Schulterzucken, was den Fehler ausgelöst haben könnte. Die Software … Aber gewaschen wurde der Wagen wenigstens. Immerhin.

Früher wurde in Autowerkstätten noch zerlegt,
geschraubt, gereinigt und ausgetauscht. Und zum Schluss war es der Verteilerfinger. Immer.

Heute lesen die Jungs und Mädels in der Werkstatt mit Tablet irgendwelche Fehlerspeicher und Werte von Sensoren aus. Und versuchen daraus das eigentliche Problem zu ermitteln. Eigentlich eine feine Idee, gäbe es so viele Sensoren im ­Auto wie Nerven im menschlichen Körper. Dann könnte vielleicht tatsächlich ermittelt werden, dass die Steuerklappe XYZ ein Spiel von einem Hundertstelmillimeter hat und das Flattern bei hohen Drehzahlen bla, bla, bla.
Durch die begrenzte Anzahl an Sensoren aber entsteht eine Pseudosicherheit. Oder anders ausgedrückt, eine partielle Blindheit. Industrie 4.0 hat im Auto ja schon lange Einzug gehalten, und die Zeilen Code, die in einem Auto stecken, haben die 100 Millionen weit überschritten. Auch die Anzahl an Sensoren ist gewaltig gestiegen. Trotzdem: Was zwischen den Sensoren passiert, entzieht sich der Steuerung. Deshalb sollten die Menschen, die Autos reparieren, wissen, wo die blinden Flecke des Sensornetzes liegen. Fehlerhaft funktionierende Sensoren will ich jetzt gar nicht erwähnen. Auch nicht den Bug, den ein Entwickler der Steuersoftware übersehen hat. In so einem Fall kann dem Autobesitzer kein Mensch helfen. Es sei denn, die Monteure und Monteurinnen haben Zugriff auf den Quellcode und zufällig eine Ausbildung als Softwareentwickler …
So sehr ich auch Computer als Arbeitsmittel und Werkzeuge für Kreativität schätze, so sehr macht mir diese Entwicklung Angst. Und ich spreche hier explizit nicht vom autonomen Fahren, sondern von ganz banaler Motorsteuerung.
Möglichst fehlerfreie Software und viel Spaß wünscht Ihnen
Tilman Börner
Chefredakteur dotnetpro
Dokumente
Artikel als PDF herunterladen


Das könnte Sie auch interessieren