28.05.2015, 00:00 Uhr
Roboterschwärme mit kollektivem Bewusstsein
Wissenschaftler haben Unterwasser-Roboterschwärme erschaffen, die ähnlich wie Fischschwärme funktionieren. Sie tauschen Informationen aus, um die Umwelt zu überwachen. Sie gehen auf Suche, betreiben Wartung sowie erkunden und gewinnen Ressourcen in Unterwasserhabitaten.
Das von der EU geförderte COCORO-Projekt erforschte und entwickelte anhand von zehn verschiedenen Versuchsdemonstratoren, die in 52 Videos gezeigt werden, ein kollektives Bewusstsein bei autonomen Robotern.
Die Roboterschwärme des Projekts COCORO sehen nicht nur wie Fischschwärme aus, sie verhalten sich auch wie welche. Im Rahmen des Projekts erdachte man autonome Roboter, die miteinander interagieren und Informationen austauschen, was ein kognitives System ergibt, das sich seiner Umgebung bewusst ist.
Laut Dr. Thomas Schmickl, Projektkoordinator und außerordentlicher Professor am Institut für Zoologie der Karl-Franzens-Universität Graz in Österreich, unterscheidet sich COCORO von anderen ähnlichen Projekten darin, dass die Forscher Roboterschwärme erschaffen haben, die über ein kollektives Bewusstsein verfügen. Sie arbeiten als ein kollektives System autonomer Agenten, die aus vergangenen Erfahrungen und ihrer Umwelt lernen können.
In einem Experiment schwammen zwanzig Roboter vom Typ „Jeff“ in einem Wasserbehälter. Durch den Kontakt untereinander wurden sie sich allmählich der Größe ihres Schwarms „bewusst“. Dieses „Bewusstsein über die Schwarmgröße“ wurde durch die Weiterleitung von Statusinformationen mit Hilfe von LEDs möglich.
In einem anderen Szenario bestand die Aufgabe der Roboter darin, Trümmerteile eines versunkenen Flugzeugs zu finden. Roboter von Typ „Lily“ suchten knapp unter der Oberfläche, während die Roboter vom Typ „Jeff“ am Boden des Pools fahndeten.
Man platzierte rund um das Flugzeug Magnete, um ein lokal ausgesandtes elektromagnetisches Signal nachzuahmen und die Roboter setzten ihre eingebauten Kompasse dazu ein, das Gesuchte zu finden. Ein Roboter vom Typ „Jeff“ entdeckte schon bald das Ziel am Boden des Pools und ließ sich darauf nieder.
Er „rekrutierte“ über LED die anderen Jeff-Roboter, die sich dann um das Ziel herum versammelten, während die Lily-Roboter an der Oberfläche zusammenkamen.
Während der Feldversuche im Hafen von Livorno, Italien, waren die Roboter Wellen, Strömungen und dem korrosiven Salzwasser ausgesetzt. Trotz dieser schwierigen Bedingungen waren die Roboterschwärme in der Lage, rund um ihre Basisstation zusammenzubleiben sowie auf „Patrouillen“ zu gehen und erfolgreich zur Basis zurückzukehren.
„Wir haben das nicht alles selbst erfunden“, betont Dr. Schmickl und erklärt, dass die COCORO-Wissenschaftler das in der Natur vorherrschende kollektive Bewusstsein modelliert hätten. Beobachtungen des Schwarmverhaltens von Honigbienen halfen ihnen zum Beispiel bei der Entwicklung des BEECLUST-Algorithmus, den sie dazu verwendeten, um die Roboter an einem bestimmten Ort zu versammeln. Sie setzten überdies Mechanismen aus existierenden Studien darüber ein, wie sich Schleimpilzamöben unter Einsatz chemischer Wellen versammeln, um miteinander zu kommunizieren.
An COCORO nahm eine bunt gemischte Gruppe aus Biologen, Informatikern und weiteren Experten teil. Das Projekt lief vom 1. April 2011 bis zum 30. September 2014 und erhielt 2,9 Mio. Euro an EU-Finanzmitteln.
Obgleich das Projekt bereits 2014 abgeschlossen wurde, werden seine Resultate zweifellos breite Anwendung in den Bereichen Informatik, Biologie, Theologie, Metakognition, Psychologie und Philosophie finden sowie weitreichendere Auswirkungen auf unsere Wirtschaft und Gesellschaft haben. Mögliche Anwendungen sind die dezentrale Umweltüberwachung sowie Such- und Rettungsoperationen.
„Die Art und Weise, wie einige Schwarmmitglieder andere beeinflussen, ähnelt sehr der Art, wie in unserer Gesellschaft von Meinungsführern Trends gesetzt werden“, merkt Dr. Schmickl an.
Das COCORO-Projektteam hat angekündigt, dass 2015 das Jahr der COCORO-Veranstaltungen sein wird. Man wird jede Woche ein neues Video vorstellen, das während des Projekts gedreht wurde. Darunter ist der weltweit größte autonome Unterwasserschwarm aus 41 Robotern drei verschiedener Typen. Sämtliche Videos sind auf Facebook, YouTube sowie auf Twitter zu finden. Und hier geht's zur Projektwebsite. [bl]