Bitkom 29.03.2017, 09:58 Uhr

Digitalisierung bringt Datenbrillen und Drohnen ins Lager

Die aufwändige Inventur im Lager, der Gabelstapler, der Paletten hin und her fährt, und der Lkw, der die Bestellung zum Händler bringt, könnten schon bald Auslaufmodelle sein. Bereits in zehn Jahren wird sich die Logistik nach Ansicht einer großen Mehrheit jener Unternehmen, die heute Logistik einsetzen, völlig verändern.
Drei Viertel dieser Unternehmen erwarten, dass Datenbrillen weit verbreitet sein werden und die Beschäftigten in der Logistik unterstützen, etwa mit eingeblendeten Zusatzinformationen. Zwei Drittel glauben, dass selbstlernende Systeme viele Aufgaben in der Logistik übernehmen werden, etwa die Planung der besten Route oder das Auslösen von Bestellvorgängen. 6 von 10 rechnen damit, dass autonome Drohnen die Inventur des Lagerbestands durchführen werden. Ähnlich viele gehen davon aus, dass die Waren mit autonomen Fahrzeugen transportiert werden, 4 von 10 sind der Meinung, dass Drohnen und Lieferroboter die Produkte sogar bis zum Kunden bringen. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom.

„Die Logistik ist bereits heute einer der digitalsten Unternehmensbereiche“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. „Aber mit Drohnen, autonomen Systemen und Artificial Intelligence steht der Logistik nicht nur eine Optimierung von Geschäftsprozessen bevor, sondern eine echte Revolution.“

Drei Viertel der Unternehmen sehen aktuell die Digitalisierung als große Herausforderung für die Logistik. Nur hohe Treibstoff- und Energiepreise werden häufiger genannt (85 Prozent). Andere Themen wie die Rekrutierung von qualifizierten Mitarbeitern (70 Prozent), hohe Mautgebühren (69 Prozent) oder die Personalkosten (59 Prozent) werden deutlich seltener erwähnt. Dabei sehen die Unternehmen die Digitalisierung als solche als Herausforderung, nicht die Kosten der Digitalisierung – diese werden nur von 15 Prozent der Unternehmen genannt.

Rohleder: „Die Unternehmen scheuen nicht vor Investitionen in die Digitalisierung zurück, aber ihnen fehlt offensichtlich das Know-how, um die Digitale Transformation aktiv gestalten zu können.“ Dabei sieht die große Mehrheit der Unternehmen eine Vielzahl von Vorteilen durch digitale Technologien in der Logistik. Jeweils 9 von 10 erwarten eine langfristige Senkung der Kosten und eine Beschleunigung des Transports. Rund drei Viertel erwarten weniger Fehler in der Transportkette und 58 Prozent einen umweltschonenderen Transport. Die Digitalisierung insgesamt sehen 88 Prozent als Chance, nur 11 Prozent als Risiko.

Eine große Mehrheit der Unternehmen setzt bereits heute digitale Technologien in der Logistik ein. 84 Prozent der Befragten nutzen spezielle Lösungen, 6 Prozent planen konkret den Einsatz und weitere 6 Prozent können es sich vorstellen. Besonders häufig kommen fahrerlose Staplersysteme zum Einsatz (19 Prozent) beziehungsweise sind in Planung (26 Prozent). Ebenfalls weit verbreitet sind smarte Container (Einsatz: 20 Prozent, Planung: 15 Prozent) beziehungsweise Lagerroboter (Einsatz: 16 Prozent, Planung: 9 Prozent). Datenbrillen für die Mitarbeiter nutzen 8 Prozent der Unternehmen, 14 Prozent planen den Einsatz. Intelligente Handschuhe zur Unterstützung der Mitarbeiter kommen dagegen bislang nicht zum Einsatz, nur 3 Prozent der Unternehmen bereiten die Nutzung vor. Dagegen haben 9 Prozent der Unternehmen zumindest einzelne 3D-Drucker im Einsatz, weitere 5 Prozent planen dies.

Sehr selten werden bislang autonome Fahrzeuge (Einsatz: 2 Prozent, Planung: 4 Prozent), selbstlernende Maschinen (Einsatz: 2 Prozent, Planung 2 Prozent) und Drohnen (Einsatz: 0 Prozent, Planung: 2 Prozent) in die Logistikprozesse einbezogen.

„Wenn man die Zukunftsszenarien, von denen die Unternehmen überzeugt sind, mit dem heutigen Einsatz und den konkreten Planungen vergleicht, dann ist das ein Warnsignal. Wer damit rechnet, dass Zukunftstechnologien wie Drohnen, selbstlernende Systeme oder Datenbrillen bereits in zehn Jahren die Logistik bestimmen werden, der muss dafür heute die Weichen stellen und mit den Lösungen zumindest experimentieren“, so Rohleder.

Auch bei den digitalen Anwendungen sind vor allem Standardlösungen weit verbreitet, etwa elektronische Rechnungen (Einsatz: 72 Prozent, Planung: 15 Prozent) und Warehouse Management Systeme (Einsatz: 69 Prozent, Planung: 10 Prozent). Cloud Computing setzen 35 Prozent der Unternehmen in der Logistik ein, 25 Prozent planen es. Big-Data-Anwendungen nutzen erst 19 Prozent, aber 26 Prozent bereiten den Einsatz vor. Dagegen sind neue Anwendungen noch kaum verbreitet: Nur 6 Prozent nutzen Lösungen zur vorausschauenden Wartung, lediglich 6 Prozent planen dies. Selbstlernende Software wird in 5 Prozent der Unternehmen in der Logistik eingesetzt, 6 Prozent sind in der Planungsphase. Und gerade einmal 2 Prozent nutzen Blockchain-Technologie, weitere 3 Prozent bereiten sich darauf vor.

Rohleder: „Unternehmen, die heute auf Artificial Intelligence oder Blockchain setzen, können einen deutlichen Vorteil gegenüber den Wettbewerbern bekommen. Es muss darum gehen, das entsprechende Know-how ins eigene Unternehmen zu bekommen und dort zu halten.“

Nach Ansicht des Bitkom ist es dazu entscheidend, den Austausch zwischen etablierten Unternehmen und Global Playern in der Logistik mit Mittelständlern und Start-ups zu forcieren. In zwei Digitalen Hubs zur Logistik sollen in Hamburg und Dortmund zudem Forschungseinrichtungen und Hochschulen sowie Investoren zusammenkommen, um ganz konkret Logistikprobleme der Zukunft mit digitalen Technologien zu lösen. In Hamburg liegt der Schwerpunkt dabei auf maritimen Logistikketten und der City-Logistik, in Dortmund auf der Intralogistik und dem Internet of Things (IoT) für die Logistik. In Hamburg wird am 3. April der Startschuss für den Digital Hub Logistics gemeinsam vom Hamburger Wirtschaftssenator Frank Horch, der Logistik-Initiative Hamburg sowie potenziellen Partnerunternehmen gegeben. Beim Digital Hub Logistics in Dortmund geht es noch vor dem Sommer los, hier können bereits heute interessierte Unternehmen verschiedene Technologien in der Praxis testen, zum Beispiel Drohnen in der Lagerhalle, Virtual-Reality-Anwendungen für die Logistik oder 3D-Druck.

„Mit den Digitalen Hubs sorgen wir dafür, dass in den deutschen Leitindustrien, zu denen die Logistik gehört, die digitale Transformation nicht nur gelingt, sondern sie gestaltet und vorangebracht wird“, sagt Rohleder. „Wir wollen im Bereich der Logistik mit Deutschland auch in Zukunft weltweiter Leitanbieter von Lösungen und Technologien bleiben.“ Damit das gelingt müssen aus Bitkom-Sicht neben den digitalen Hubs auch entsprechende Rahmenbedingungen entwickelt werden. Mit Blick auf die Bundestagswahl fordert Bitkom einen Rechtsrahmen, der den Einsatz von autonomen Fahrzeugen und Drohnen in der Logistik ermöglicht. Darüber hinaus sollten öffentliche Daten in Form von Open Data für Logistik-Anwendungen zur Verfügung gestellt werden, etwa Verkehrs- oder Wetterdaten. Zudem muss angesichts der bevorstehenden Veränderungen die Digitalkompetenz der Beschäftigten in der Logistik verbessert werden. Dazu ist neben einer Anpassung der Ausbildungsberufe eine Unterstützung der Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter notwendig.


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