One Microsoft 11.07.2013, 00:00 Uhr

Refakturierung einer Firma

In einer E-Mail an alle Beschäftige teilt Microsoft-Chef Steve Ballmer mit, wie die Firma künftig aufgestellt sein soll. Ein Kommentar dazu von Tilman Börner.
Der Vergleich mit einer Software, die über viele Jahre weiterentwickelt wurde, drängt sich auf. Früher waren alle Eingabefelder grau. Heute gibt es grüne, gelbe und eine Millionen neuer Funktionen, Dialoge etc. Bis auf das Kaffeekochen kann die Software nun inzwischen alles, was sich die Anwender von ihr wünschen. Nur eine saubere Struktur liegt dem Ganzen nicht mehr zugrunde. Die Performance sinkt und die Wartbarkeit wird mit jeder neuen Funktion geringer.
Genauso scheint es bei Microsoft als Firma zu sein. Da erodieren gewisse Strukturen. Neue Abteilungen entstehen, verschiedene Lösungen eines Problems werden entwickelt an unterschiedlichen Stellen des Unternehmens. Die eine Abteilung hat keine Ahnung, was die andere macht usw.
Freilich ist das eine ganz normale Entwicklung, die jedes größere Unternehmen trifft. Deshalb gibt es Unternehmensberater, die durch eine vom Tagesgeschäft losgelöste Sichtweise in der Lage sind, zu beurteilen, was sich verselbständigt hat, wo Synergien nicht genutzt werden und wo eventuell Einsparpotential vorhanden ist.
Diese Unternehmensberater waren nun offenbar bei Microsoft auf Besuch. Und das ist gut so. Wie wurde in letzter Zeit kritisiert, dass Microsoft zwar ein paar gute Produkte hat - .NET inklusive - nur schien die Politik zu diesen Produkten eher zweifelhaft.
Das soll sich nun ändern. Ballmer will wieder mehr Klarheit in die Struktur der Firma bringen. Vier Entwicklungseinheiten soll es geben: Betriebssysteme, Anwendungen, Geräte und Cloud. Jedem der Einheiten steht ein schon bekannter Manager vor. Bei Betriebssystemen ist es Terry Myerson. Er war Corporate Vice President der Windows-Phone-Abteilung.  Geräte liegen in der Hand von Julie Larson-Green, jetzt noch Corporate Vice President Windows. Anwendungen managet Qi Lu, zujetzt President der Online Services. Und Cloud verantwortet Satya Nadella, President von Server & Tools.
Es soll in der Firma Leute geben, sogenannte Champions, die darauf achten, dass wichtige Kampagnen auch so laufen, wie sie sollen. Diese berichten direkt an Ballmer.
Dem Eindruck des Zerfaserns setzen diese Maßnahmen hoffentlich einen Schlusspunkt. Entscheidend wird aber, wie stark neue Technologien gefördert werden. Zu Bill Gates Zeiten - so unterstellt man - leitete ein Mensch die Firma, der im Grunde seines Herzens Entwickler, Techie und Spielkind war. Steve Ballmer spricht man diese Einstellungen ab. Indem er aber nun Microsoft Research wesentlich enger an die Firma holt, zeigt er zumindest, dass, auch wenn er das Technologische nicht leben kann, er doch erkannt hat, dass genau das die Umsatzquelle für die Firma ist.
Ich bin gespannt, wie sich der Umbau für uns Außenstehende bemerkbar macht. Für die Firmen, die auf Basis der Microsoft-Technologien Software entwickeln, hoffe ich, dass der Kurs jetzt wieder klarer wird. Denn das ging nach der großen .NET-Initiative seit 2002 spätestens mit der Präsentation von Windows 8 verloren: Wie sieht es aus mit .NET? Welche Technologie wird morgen noch vorhanden sein? Auf was kann ich meine Entwicklung aufbauen?
Let's go hat Steve Ballmer seine E-Mail unterschrieben. Na, dann los.
 
Die E-Mail von Steve Ballmer an alle Microsoft-Beschäftigten http://www.microsoft.com/en-us/news/Press/2013/Jul13/07-11OneMicrosoft.aspx



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