WP8 04.09.2013, 00:00 Uhr

Microsoft verantwortet jetzt auch die Hardware

In Zukunft stammen sowohl Betriebssystem als auch Gerätetechnologie der Windows Phones aus der Hand von Microsoft. Wird es gelingen dem Vorbild Apple nachzueifern? Was bleibt von Nokia?
Nokia ist raus aus dem Handy-Geschäft. Es wird zwar noch einige Jahre Geräte mit dem renommierten Markennamen geben, allerdings werden die Leute, die diese Geräte bauen in Zukunft von Microsoft bezahlt. Nokia gibt wohl mehr als die Hälfte seines Umsatzes ab und kümmert sich um seine (immerhin profitable) Netzwerksparte und die Kartendienste. Auch aus der Vermarktung seiner Patente wird Nokia eventuell noch die eine oder andere Umsatzmillion generieren können. Die hat Microsoft nämlich nicht mitgekauft, sondern sich nur ein zehnjähriges Nutzungsrecht daran gesichert. Microsoft tritt dagegen in eine entscheidende Phase im Smartphone-Geschäft ein. Schon bisher sorgte die enge Kooperation mit Nokia dafür, dass die Redmonder bei der Neuauflage von Nokia-Phones mitreden konnten. Insbesondere deshalb, weil mit Stephen Elop ein ehemaliger Microsoft-Manager der gegenwärtige Chef von Nokia ist. Der kehrt jetzt zusammen mit der Handysparte zu Microsoft zurück und wird prompt als aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge von Steve Ballmer gehandelt, welcher bekanntlich kürzlich seinen Rückzug angekündigt hat. Manche Berichte mutmaßen sogar, dass diese Übernahme schon lange vorbereitet wurde.
Der neue Microsoft-Chef steht vor der Aufgabe, den mit weniger als vier Prozent minimalen Weltmarktanteil von Windows Phone zu steigern. Dabei wird Microsoft womöglich ganz auf sich gestellt sein. Mehr als 80 Prozent der verkauften Windows Phones stammen derzeit schon von Nokia. Markbeobachter sprechen davon, dass die anderen drei verbliebenen WP8-Gerätehersteller (Samsung, HTC, Huawei) kaum gute Gründe haben, die Sparte aufrechtzuerhalten ("Huawei baut nur WP8-Geräte um Nokia zu mobben, HTC aus Verzweiflung und Samsung um ein Stück vom Marketingbudget zu ergattern"). Für keinen der Anbieter wäre der Verlust des WP8-Geschäfts bedeutend.
Zuerst muss Microsoft aber die 32.000 neuen Mitarbeiter integrieren, die mit der Unterschrift unter den Deal das Unternehmen wechseln. Nicht unbedingt eine leichte Aufgabe. Andererseits weist Microsoft darauf hin, dass Nokia trotz der engen Zusammenarbeit sehr selbstständig agieren konnte und in Zukunft bisherige Doppelausgaben unterbleiben werden, so dass die bei Nokia defizitäre Handy-Sparte in Sachen Tempo und Rentabilität jetzt besser aufgestellt sei. 
Adrian Drozd, ICT Research Director bei Frost & Sullivan beurteilt die Aussichten so: "Um überhaupt eine Rolle in dieser Branche zu spielen, muss Microsoft ein starkes Ökosystem entwickeln – und bei einem Marktanteil von vier Prozent ist der Weg also noch weit. Die Aneignung von Nokia ermöglicht Microsoft seine Anstrengungen beim Windows Phone zu verdoppeln und die Lumia-Marke zu nutzen, um wirklich innovativ mit der Plattform zu sein. Microsoft kann nunmehr die volle user experience kontrollieren, was zur Vermeidung einer OS-Fragmentierung beitragen wird (wie es mit Android der Fall war), und macht es sich damit leichter, Entwickler für die Plattform zu interessieren. Zudem ist Microsoft nun viel besser positioniert, einige seiner Geschäftskunden wiederzugewinnen, welche das Unternehmen aufgrund von BYOD und Konsumerisierung verloren hat. Der Gigant kann dem Kunden nun ein komplettes Portfolio an Hardware, Software und Dienstleistungen anbieten."  [bl]





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