08.09.2015, 00:00 Uhr

Software nimmt „Persönlichkeit“ an

Software wird künftig ihre Anonymität verlieren und zusehends wie eine „Persönlichkeit“ eingesetzt werden, sagt Andreas Espenschied, Director der Global Software Group im globalen Think Tank Diplomatic Council.
Im White Paper „Global Software Agenda“ des Think Tank Diplomatic Council (DC) heißt es dazu: „Es ist nicht auszuschließen, dass der Gesetzgeber irgendwann in der Zukunft bei börsennotierten Unternehmen vorschreiben wird, dass dem Vorstand mindestens eine Software-Persönlichkeit angehört, die zumindest eine beratende Funktion innehat.“ Was heute noch „utopisch“ anmutet, könnte schon binnen der nächsten Dekade Realität werden, meinen die Experten des Diplomatic Council. Im letzten Jahr bestand erstmals eine Software den „Turing Test“, der die Grenze zwischen menschlichem und maschinellem Denkvermögen markiert. Im Rahmen einer Veranstaltung der Royal Society in London stuften Prüfer die russische Software „Eugene Goostman“ als einen Menschen ein; sie hielten die Software tatsächlich für einen 13jährigen Jungen aus der Ukraine.
Schon 1996 gewann die erste Software im Schachspiel gegen den damals amtierenden Weltmeister. Heute tritt kein Weltmeister mehr gegen eine Schach­software an, weil die Software immer gewinnt. Beim Pokern wurde diese Grenze erstmals im letzten Jahr überschritten. „Man muss davon ausgehen, dass Software künftig in immer mehr Lebensbereichen über die Assistenzfunktion hinauswächst und sich wie eine eigenständig denkende Persönlichkeit präsentiert“, sagt Andreas Espenschied. Er verweist auf Sprach­steuerungssysteme wie „Siri“, die dieses Konzept im Alltag allmählich populär machten.
Aus dieser Erkenntnis hinaus drängt das Diplomatic Council auf eine verstärkte internationale Debatte über die Digitalisierung der Zivilisation und ihre Folgen und versteht sich in diesem Prozess als neutraler Moderator. Bislang ist nach Einschätzung des globalen Think Tank viel zu wenig deutlich, dass Software das Potenzial besitzt, nicht nur die Wirtschaft, sondern auch Staatsgebilde und die Staatengemeinschaft insgesamt signifikant zu beeinflussen. Regierungen, Privatsektor und Zivilgesellschaft sind gleichermaßen gefordert, in ihren jeweiligen Rollen gemeinsame Prinzipien, Normen, Regeln und Vorgehensweisen zur Entscheidungsfindung zu erarbeiten, die die Weiterentwicklung und die Nutzung von Software bestimmen.
Das Diplomatic Council ist ein bei den Vereinten Nationen registrierter globaler Think Tank zur Verbindung von Diplomatie, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Hierzu verknüpft das Diplomatic Council ein weltweites Wirtschaftsnetzwerk mit der Ebene der Botschafter und Konsuln. Als Mitglieder sind gleichermaßen Diplomaten und Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Gesellschaft will­kommen. Man kann sich frei um eine Mitgliedschaft bewerben; der Rat der Botschafter, der das Diplomatic Council führt, entscheidet über die Aufnahme. In Fachgruppen wie der Global Software Group unter der Führung von Andreas Espenschied treibt das Diplomatic Council im Einklang mit den Zielen der Vereinten Nationen für die Menschheit wichtige Themen voran. Ziel ist es in diesem Zusammenhang dafür Sorge zu tragen, dass möglichst alle Menschen weltweit von der Digitalisierung profitieren.[bl]



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