Stellenausschreibung und Bewerbungsverfahren 17.04.2023, 00:00 Uhr

Stolperfallen im IT-Recruiting

... und wie man sie vermeidet. Tipps für Unternehmen, aber auch für Stellenbewerber.
(Quelle: dotnetpro)
S tellenanzeigen, Bewerbungen und Bewerbungsverfahren sind im Arbeitsleben meistens unausweichlich. Es kommt zwar vor, dass sich Mitarbeiter und Unternehmen auf anderen Wegen finden, aber für den überwiegenden Anteil an Stellenbesetzungen ist die Kombination aus einer Stellenbeschreibung und -anzeige, Bewerbungen und Bewerbungsverfahren der notwendige Ablauf. Passt etwas in diesem Ablauf nicht, schadet das beiden Seiten. 
Dennoch erscheint täglich eine Vielzahl von schlechten Stellenanzeigen, schreiben Bewerber unzählige schlechte Bewerbungen und führen Unternehmen und Dienstleister zahlreiche schlechte Bewerbungsverfahren durch. Woran das liegt? An einer ganzen Palette von Missverständnissen, Unwissen oder Ignoranz. Der Artikel versucht im Folgenden, einigen dieser Probleme auf den Grund zu gehen und Tipps und Tricks für die Lösung von Missverständnissen und Pro­blemen zu geben. Umfassend lässt sich die Situation schwer darstellen, da es so viele Fallstricke und Stolperfallen gibt, wie Stellenanzeigen erscheinen, Bewerbungen abgeschickt und Bewerbungsverfahren durchgeführt werden.
Dabei fokussiert sich dieser Artikel primär auf die IT-Branche mit einem noch etwas spezifischeren Fokus auf die Softwareentwicklung. Neben allgemeinen Hinweisen, Tipps und Tricks geht es im Wesentlichen um den Blickwinkel der Softwareentwicklung.

Der aktuelle Job-Markt

Häufig ist von der sogenannten MINT-Lücke zu lesen, wenn es darum geht, einzuschätzen, wie der Job-Markt im MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) aussieht. Die MINT-Arbeitskräftelücke [1] soll im Februar 2023 bei 307 200 Personen gelegen haben und damit 7,1 Prozent höher als im Februar 2022. Das bedeutet einen Anstieg bei der Nachfrage von Arbeitskräften in MINT-Berufen. Arbeitslos waren in den MINT-Berufen zum gleichen Zeitpunkt insgesamt 193 500 Personen. Diese Zahlen werden vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln ermittelt. Sie sind zusammen mit dem MINT-Meter [2] Teil des halbjährlichen MINT-Reportings, das im Auftrag von „MINT Zukunft schaffen!“, BDA und Gesamtmetall erstellt wird. Diese Zahlen werden indes verschiedentlich kritisch gesehen [3].
Bild 1 zeigt die Entwicklung der offenen IT-Stellen in Deutschland von 2007 bis 2022 laut Bitkom bei Statista [4]. Auch hier ist ein grundsätzlicher Trend nach oben zu sehen, mit einem erheblichen Einbruch in den Covid-19-Jahren.
Das AGG in Stellenanzeigen
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) stellt einen gesetzlichen Rahmen dar, um Diskriminierung in Deutschland zu bekämpfen. Es verbietet Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Alter, Religion, sexueller Orientierung, Behinderung, Herkunft oder sonstiger persönlicher Merkmale.
Es ist daher unbedingt zu vermeiden, in Stellenanzeigen ­bestimmte Gruppen auszuschließen oder zu bevorzugen. Beispielsweise darf in einer Stellenanzeige nicht explizit nach Bewerbern eines bestimmten Geschlechts oder Alters gefragt werden. Auch Formulierungen wie „Deutsch als Muttersprache“ sind schwierig, da die Muttersprache die Sprache ist, die Kinder von ihren Eltern lernen. Damit ist diese Sprache meist stark an das jeweilige Land gebunden. Kandidaten „mit guten bis sehr guten Kenntnissen der deutschen Sprache“ zu suchen ist dagegen in Ordnung, solange diese gewünschte Sprache für die Ausübung der für die Stelle erforderlichen Tätigkeiten notwendig ist.
Zusätzlich ist in Stellenanzeigen eine diskriminierungsfreie Sprache zu verwenden. So ist es wichtig, sich auf berufsrelevante Fähigkeiten und Qualifikationen zu konzentrieren und keine Aussagen zu machen, die ebenfalls bestimmte Gruppen ausschließen. Auch sollten keine Stereotype oder Vorurteile gegenüber bestimmten Gruppen bedient werden.
Daher ist es wichtig, Stellenanzeigen mit großer Sorgfalt zu verfassen, um sicherzustellen, dass sie im Einklang mit dem AGG stehen.
Offene IT-Stellen in Deutschland 2007 bis 2022 (Bild 1)
Quelle: Quelle: Bitkom Research / Statista

Was macht eine gute Stellenanzeige aus?

Es gibt zahlreiche Punkte, die bei einer guten Stellenanzeige erfüllt sein sollten. Nicht zuletzt, weil sie als Visitenkarte des Unternehmens dient. Oft ist sie der erste Kontakt mit dem ­Unternehmen, weil Bewerber ansonsten noch nicht auf das eigene Unternehmen aufmerksam wurden. Ganz unabhängig von der Stelle oder Position und den konkreten Inhalten sollten daher einige wichtige Informationen in einer Stellenanzeige enthalten sein.
Das AIDA-Modell [5] oder -Prinzip ist bei der allgemeinen Gestaltung einer Stellenanzeige hilfreich. Es hat nichts mit den Kreuzfahrtschiffen zu tun, sondern ist ein Werbewirkungsprinzip. Die Abkürzung steht für die englischen Begriffe Attention (Aufmerksamkeit), Interest (Interesse), Desire (Begierde) und Action (Aktion). Bezogen auf eine Stellenanzeige ergeben sich daraus interessante Punkte:
  • Attention: Da es sehr viele Stellenanzeigen gibt, überfliegen Interessenten in der Regel diese Art von Werbeanzeigen zunächst einmal. Eine aussagekräftige Überschrift ist daher wichtig, damit die Leser schon beim Titel hängen bleiben und im besten Fall weiterlesen.
  • Interest: Als Nächstes ist es wichtig, das Interesse des Lesers zu wecken. Daher sollten schon die ersten Sätze der Stellenanzeige wichtige Informationen liefern. Um welche Position geht es, welche Arbeitszeiten sind zu erwarten und handelt es sich um eine befristete Stelle oder nicht.
  • Desire: Über die Beschreibung der Aufgabenfelder der Position oder der Tätigkeit sowie über Informationen zum Unternehmen lässt sich im Anschluss beim Leser das Bedürfnis wecken, noch mehr über die Tätigkeit und das Unternehmen zu erfahren und besondere Vorteile von Job und Unternehmen kennenzulernen.
  • Action: Zu guter Letzt folgt die Handlung. Ist der Leser bis zum Schluss gekommen, ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass tatsächliches Interesse vorhanden ist. Damit das funktioniert, ist es dem interessierten Leser so einfach wie möglich zu machen, sich direkt auf die Stelle zu bewerben. Beispielsweise über die Angabe von konkreten Kontakt­daten, Ansprechpersonen oder tiefen Links in ein Bewerbungsportal direkt zur Stellenanzeige.
Einige Informationen sollten in einer guten Stellenanzeige nicht fehlen. Zur Beschreibung des Unternehmens gehören beispielsweise die Branche, welche Dienstleistungen und/oder Produkte das Unternehmen anbietet, besondere Erfolge, Anzahl der Beschäftigten, Standorte und dergleichen. Bei den Vorteilen und Details der Stelle lassen sich gut Informationen zur Urlaubsregelung, der Unternehmenskultur, Hierarchien, der hauseigenen Kantine und Ähnliches einstreuen. Diese Informationen sollten aber nach der Beschreibung zu Aufgaben und Tätigkeiten sowie den benötigten Qualifikatio­nen, Anforderungen und dem Gehalt erscheinen. Kostenlose Getränke und Firmenparkplätze sind zwar nett, aber andere Faktoren wiegen deutlich schwerer. Eine umgekehrte Reihenfolge kann dazu führen, dass das Unternehmen oder die Stelle nicht ernst genommen wird.
Zahlreiche Untersuchungen bestätigen die Aufteilung auf Basis des AIDA-Modells. Softgarden [6], Anbieter von Software für das Bewerbermanagement, hat im Jahr 2021 eine Umfrage [7] zu den Erwartungen an eine Stellenanzeige durchgeführt und dazu 1445 Jobsuchende befragt, welche Elemente einer Stellenanzeige ihnen besonders wichtig sind. Aus den Antworten ergab sich die folgende Rangliste:
  • Aufgabenbeschreibung: 67 Prozent
  • Anforderungsprofil: 62 Prozent
  • Stellentitel: 37 Prozent
  • Ansprechpartner: 37 Prozent
Informationen zur Aufgabe und zu den geforderten Anforderungen stehen damit hoch im Kurs. Als Unternehmen sollten Sie Ihre Anzeige im Hinblick darauf genau unter die Lupe nehmen,  konkret das Unternehmenprofil mit der Frage „Wer sind Sie?“, die Stellenbeschreibung mit „Wen suchen Sie?“, das Anforderungsprofil mit „Was erwarten Sie von einem Bewerber?“, die Leistungen des Unternehmens mit „Was bieten Sie dem Bewerber?“ und das Bewerbungsverfahren mit „Wie kann sich ein Kandidat bewerben?“ präzisieren.
Die bisher genannten Punkte sind eher allgemeiner Natur. Eine gute Stellenanzeige in der IT-Branche und speziell für die Softwareentwicklung zu schreiben erfordert ein tiefes Verständnis der Branche, der benötigten Fähigkeiten und Eigenschaften eines Kandidaten sowie der aktuellen Trends und Technologien. Bezogen auf die Softwareentwicklung ist es besonders wichtig, die Technologien und Tools, mit denen die Organisation arbeitet, klar zu beschreiben. Dazu sind detaillierte Informationen über die Programmiersprachen, Plattformen und Frameworks, die in der Organisation zum Einsatz kommen, interessant, damit Bewerber verstehen, welche Fähigkeiten erforderlich sind.
Insbesondere bei Stellen mit einem gewissen Level an Seniorität sind für viele Kandidaten die Unternehmenskultur und das Arbeitsumfeld maßgeblich. Um die Aufmerksamkeit der Top-Talente zu gewinnen, sind daher Informationen zum Arbeitsstil des Unternehmens ebenso wichtig wie Aussagen zu den Werten des Teams oder zu besonderen Vorteilen wie flexible Arbeitszeiten, Home­office-Optionen oder Fortbildungsmöglichkeiten.
Zahlreiche Blogs und You­Tube-Kanäle beschäftigen sich mittlerweile mit Stellenanzeigen. Sie greifen regelmäßig ­kuriose, merkwürdige und sehr schlechte Anzeigen heraus und erläutern, was bei den einzelnen Anzeigen nicht stimmt. Gute Beispiele sind der YouTube-Kanal „A Life After Layoff“ [8] und das Video „More Cringeworthy Job Postings – How To Spot Low Quality Jobs“ [9].

Personalagenturen und Headhunter

Personalagenturen und Headhunter spielen eine wichtige Rolle bei Stellenanzeigen, Bewerbungen und Bewerbungsverfahren in der IT beziehungsweise Softwareentwicklung. Diese Unternehmen haben sich darauf spezialisiert, geeignete Kandidaten für Unternehmen zu finden, die auf der Suche nach qualifizierten Mitarbeitern sind. Sie haben ein Netzwerk von Kandidaten, die sie gezielt ansprechen und die oft nicht über traditionelle Stellenanzeigen erreicht werden.
Personalagenturen und Headhunter haben auch häufig Zugang zu versteckten Stellenangeboten, die nicht öffentlich ausgeschrieben werden. Unternehmen nutzen diese Dienstleistungen, um ihre Suche nach passenden Kandidaten zu beschleunigen und zu vereinfachen. Dies kann auch dazu führen, dass Unternehmen Zeit und Kosten sparen, da sie nicht selbst Bewerbungen durchgehen und potenzielle Kandidaten identifizieren müssen.
Für Bewerber kann die Zusammenarbeit mit einer Personalagentur oder einem Headhunter ebenfalls Vorteile haben. Diese Unternehmen verfügen oft über Insiderwissen über den Arbeitsmarkt und können Bewerbern wertvolle Tipps geben, wie sie sich am besten präsentieren und welche Skills besonders gefragt sind. Darüber hinaus kann die Zusammenarbeit mit einer Personalagentur oder einem Headhunter dazu führen, dass Bewerber Zugang zu Stellenangeboten erhalten, die sie sonst nicht gefunden hätten.
Personalagenturen und Headhunter sind wichtige Partner bei der Suche nach Talenten, aber es gibt auch kritische Aspekte, die beide Parteien beachten sollten und auf die hier zumindest kurz eingegangen werden soll. So argumentieren kritische Stimmen, dass Personalagenturen und Headhunter oft nur oberflächlich nach geeigneten Kandidaten suchen, um schnell Provisionen zu verdienen. Oder dass sie Kandidaten unter Umständen falsche Hoffnungen machen, indem sie ihnen Stellenangebote versprechen, die nicht existieren oder die Anforderungen des Bewerbers nicht erfüllen. Auch könnten Kandidaten zu unpassenden Stellenangeboten gedrängt werden, um ihre eigenen Provisionen zu maximieren. In jedem Fall gilt auch hier: Augen auf bei der Partnerwahl.

Was macht eine gute Bewerbung aus?

Zu einer guten Bewerbung gehören vollständige und passende Bewerbungsunterlagen sowie auf die konkrete Stelle zugeschnittene Informationen über die sich bewerbende Person. Das Offensichtliche zuerst: Alle Unterlagen müssen vollständig und korrekt sein. Stimmt etwas im Lebenslauf nicht, gibt es zahlreiche Fehler oder werden Informationen bewusst oder unbewusst unterschlagen, dann hinterlässt das keinen guten Eindruck.
Bewerbungen unterliegen dabei beständig Änderungen. Die Arbeitswelt verändert sich, die Generationen ebenfalls, beispielsweise ändern sich Ansprüche, Ziele und die Bildung von Personen und Technologie im Allgemeinen. Das führt dazu, dass eine Bewerbung heutzutage anders erstellt und eingereicht wird, als das Jahrzehnte vorher noch der Fall war. Das klassische Bewerbungsschreiben, oder kurz Anschreiben, fällt in immer mehr Situationen weg oder ist optional. Es bietet zwar noch immer die Möglichkeit, mehr Facetten der Persönlichkeit eines Bewerbers zu zeigen, als das im Lebenslauf der Fall ist. Dennoch wird das Anschreiben immer häufiger obsolet.
Wenn ein Anschreiben erforderlich ist oder der Kandidat von sich aus gerne eines erstellen möchte, sind ein paar Regeln zu beachten. Beispielsweise ist auf korrekte Zeit- und Ortsangaben zu achten, damit das Schreiben nicht aus der Zukunft kommt oder schon den Eindruck erweckt, etliche Woche oder Monate auf seinen Einsatz zu warten. Ansonsten folgt das Dokument den üblichen Regeln: Briefkopf und Anrede müssen enthalten sein, eine Einleitung, Hauptteil und Schlussteil dürfen nicht fehlen. Wichtig ist, konkret Bezug auf das Unternehmen und die Tätigkeiten beziehungsweise die Position zu nehmen. In der Regel hinterlassen konkrete Anschreiben mit einem direkten Bezug einen besseren Eindruck als generische Texte, die auf alles und nichts passen.
Zudem ist auf eine gute Form und passende Formulierungen zu achten. Ein weiterer Tipp ist, Beispiele zu liefern, statt Behauptungen aufzustellen. Wer etwas bereits gemacht hat und darin Erfahrungen gesammelt hat, darf das gerne erwähnen und dazu ein Beispiel liefern.
Was von einer guten Stellenbeschreibung erwartet werden kann, das sollte auch eine gute Bewerbung bieten: konkrete und korrekte Informationen über Tätigkeiten, Kenntnisse, Erfahrungen und die Motivation. Der Lebenslauf sollte übersichtlich und gut strukturiert sein und die relevanten Informationen zu Ausbildung, Berufserfahrung und Kenntnissen enthalten. In der IT-Branche sind Fachkenntnisse und zudem praktische Erfahrungen von entscheidender Bedeutung. In der Bewerbung sollten diese daher genau beschrieben und veranschaulicht werden. Konkrete Projekte und Kunden sind gute Beispiele, um erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten darzustellen und mit Technologien zu verknüpfen, die während der beruflichen Vergangenheit genutzt wurden. Auch Zertifikate oder Abschlüsse können hier von Vorteil sein, wobei das stark von Unternehmen zu Unternehmen schwankt. Während einige darauf schwören und als notwendiges Kriterium nutzen, ist es anderen eher egal.
Des Weiteren möchte ein Unternehmen wissen, warum sich ein Kandidat gerade bei ihm bewirbt und welche Motivation zu dieser Bewerbung geführt hat, aber auch, welche Motivation grundsätzlich im Arbeitsleben vorhanden ist. Hier lässt sich beispielsweise beschreiben, welche eigenen Motivationen vorhanden sind, welche Weiterentwicklungen angestrebt werden und was die Motivation für die spezifische Branche betrifft. Das sind verständlicherweise nicht allzu einfache Punkte, denn ein Hauptaugenmerk für Bewerbungen wird dabei aus verständlichen Gründen weggelassen: Wir alle müssen Geld verdienen, und der Sinn und Zweck einer Arbeitsstelle ist genau das: Zeit gegen Geld einzutauschen.
In der IT-Branche sind gute Englischkenntnisse oft von Vorteil, weshalb es nicht schaden kann, Fremdsprachenkenntnisse mit anzugeben.
In vielen Unternehmen und Bewerbungsverfahren haben sich systematische und automatische Analysen von Lebensläufen und datenbasierte Kandidatenvergleiche etabliert. Lebensläufe werden automatisch analysiert, um die Informationen vieler Bewerber auf einmal auszuwerten. Eine Dokumentenanalyse von Lebensläufen und Zeugnissen lässt sich beispielsweise nutzen, um biografische Daten auf Lücken zu prüfen und Fähigkeiten wie etwa vorhandene Technologiekenntnisse mit den gestellten Anforderungen abzugleichen.
Da Unternehmen und Personalagenturen eingehende Bewerbungen immer häufiger automatisch analysieren, gibt es einen Trend, Bewerbungen dahingehend zu optimieren. Beispielsweise werden in PDF-Dateien Schlüsselwörter zu Technologien oder Ähnliches hinterlegt; allerdings so unauffällig, beispielsweise in sehr kleiner, weißer Schrift auf weißem Untergrund, dass es dem Leser nicht auffällt, ein Programm zur Auswertung diese Informationen aber findet. Auch der Trend hin zu CEO-freundlichen Bewerbungsdokumenten ist zu erkennen, die ebenfalls eingebettete Schlüsselwörter nutzen, um für mehr Aufmerksamkeit bei Algorithmen zu sorgen.

Was macht einen guten Bewerbungsprozess aus?

Sind Stellenanzeigen und Bewerbungen passend, liegt es oft am Bewerbungsprozess, wenn es nicht vorangeht oder wenn sich potenzielle Kandidaten wieder verabschieden. Ein guter Bewerbungsprozess in der IT-Branche ist ein wichtiger Faktor, um die besten Talente anzuziehen und die Produktivität im Unternehmen zu steigern. Ein erfolgreicher Bewerbungsprozess sollte sowohl für das Unternehmen als auch für den Bewerber reibungslos und effizient ablaufen sowie transparent sein. Ein guter Bewerbungsprozess ist damit ein wichtiger Erfolgsfaktor, wenn es um die Suche von Talenten geht.
„Gut“ heißt dabei zunächst „einfach“: Der Kandidat sollte in der Lage sein, seine Bewerbung online einzureichen und damit einen einfachen Prozess anstoßen, um seine Bewerbung einzureichen und abzuschließen. Anschließend führt dieser einfache Prozess dazu, dass der Bewerber am Ball bleibt. Die Effizienz und eine gleichzeitig möglichst hohe Geschwindigkeit im Bewerbungsablauf führen dazu, dass sich der Bewerber nicht mitten im Prozess verabschiedet, weil ein anderes Unternehmen schlicht schneller reagiert.
Dazu gehört auch eine effektive Kommunikation, die ein wichtiger Bestandteil eines erfolgreichen Bewerbungsprozesses ist. Das Unternehmen sollte schnell und freundlich auf alle Bewerbungen reagieren und den Kandidaten auf dem Laufenden halten. Hier muss das Unternehmen gut prüfen, ob ein eigenes Bewerbungsportal notwendig ist. In vielen Fällen reichen bekannte Lösungen aus und es muss nicht die Eigenentwicklung sein. Und wenn doch, dann ist diese gut zu testen.
Beispielsweise gehört eine automatische Erkennung von Daten in einem Lebenslauf mittlerweile zum guten Ton. Nichts ist frustrierender, als viele Informationen per Hand eingeben zu müssen, die aus einem Lebenslauf oder anderen Profilen, beispielsweise über Xing oder LinkedIn, automatisch herangezogen werden können. Das ist insbesondere für Bewerber, die aktiv auf Jobsuche sind, eine nicht zu unterschätzende Hemmschwelle. Denn im Zweifel sind diese Bewerbungsinformationen Dutzende Male in verschiedenen Portalen zu hinterlegen.
Das ist nervig und spätestens nach der dritten Bewerbung sehr fehleranfällig. Dies führt zu schlechteren Bewerbungen und im Zweifel dazu, dass Kandidaten abgelehnt werden, die es ansonsten mindestens in die engere Auswahl geschafft hätten. Im Zweifel lohnt es sich, Portale und Systeme zu nutzen, die es fertig am Markt gibt. Diese sind zwar auch weit davon entfernt, perfekt zu sein, aber ein Bewerber nutzt lieber das unperfekte System, das er aus der Vergangenheit kennt, als bei jeder Bewerbung wieder ein neues System mit neuen Problemen und Fallstricken nutzen zu müssen.
Darüber hinaus sind effektive Interviews und klare Entscheidungen wichtig. Ein effektives Interview ist der nächste Schritt im Bewerbungsprozess. Das Unternehmen muss sicherstellen, dass das Interview den Kandidaten eine Möglichkeit bietet, ihre Fähigkeiten und Erfahrungen zu demonstrieren und auch Fragen zum Unternehmen und zur Position zu stellen. Nach dem Interview sind klare Entscheidungen wichtig, die einerseits den Kandidaten darüber informieren, wie es weitergeht – und ob es überhaupt weitergeht. Es ist wichtig, dass das Unternehmen schnell handelt und den Kandidaten innerhalb einer angemessenen Frist informiert. Für Bewerber ist es sehr ärgerlich, warten zu müssen, und oft sind in der Zwischenzeit andere Unternehmen mit mindestens ähnlichen Stellenangeboten einfach schneller. Hier lassen Unternehmen viele Talente und viel Potenzial ungenutzt liegen.

Auswahlverfahren

Zur Auswahl geeigneter Kandidaten gibt es eine Vielzahl von Verfahren, die von Unternehmen eingesetzt werden, um Bewerberinnen und Bewerber zu evaluieren. Etliche dieser Verfahren sind ebenfalls in Verruf geraten, zumindest aus Sicht von Bewerbern. Beispielsweise schlechte Interviews, schlechte technische Tests am Whiteboard, die gar nichts mit der zukünftigen Arbeit zu tun haben, und schlecht durchgeführte Vorstellungsgespräche mit Personen aus dem Unternehmen, die gar nichts zur Arbeit, den Technologien und der Tätigkeit sagen können. Einige der bekannten Auswahlverfahren sind nachfolgend beschrieben.
  • ­Technische Tests: Technische Tests sind eine Möglichkeit, um das Fachwissen und die Fähigkeiten der Bewerber im Bereich der Softwareentwicklung zu überprüfen. Diese Tests können verschiedene Formate annehmen, einschließlich Programmieraufgaben oder Multiple-Choice-Fragen zu verschiedenen Technologien. Unternehmen können auch spezifische Anforderungen an die Tests stellen, um sicherzustellen, dass alle Bewerber die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen. Bei technischen Tests ist darauf zu achten, die zukünftigen Tätigkeiten genau im Blick zu haben und die Tests darauf abzustimmen.
  • Vorstellungsgespräche: Ein Vorstellungsgespräch ist ein übliches Auswahlverfahren bei Unternehmen in der IT-Branche. In diesem Gespräch können Unternehmen Fragen zum Lebenslauf und den Erfahrungen der Bewerberinnen und Bewerber stellen. Darüber hinaus können Unternehmen auch Fragen zu technischen Fähigkeiten stellen, um die Fähigkeiten der Bewerberinnen und Bewerber zu bewerten.
  • Assessment-Center: Ein Assessment-Center ist ein Auswahlverfahren, bei dem mehrere Bewerberinnen und Bewerber an einem Tag verschiedene Aktivitäten durchführen ­müssen, um ihre Fähigkeiten zu demonstrieren. Diese Aktivitäten können Gruppendiskussionen, Rollenspiele oder Fallstudien sein. Ein Assessment-Center kann es Unternehmen ermöglichen, die sozialen Kompetenzen, Teamfähigkeit und andere weiche Fähigkeiten der Bewerberinnen und Bewerber zu beurteilen.
  • Referenzen: Referenzen sind eine Möglichkeit, um die Arbeitsweise und die Leistung der Bewerberinnen und Bewerber aus früheren Arbeitsverhältnissen zu bewerten. Unternehmen können Referenzen von früheren Arbeitgebern anfordern oder von den Bewerberinnen und Bewerbern selbst bereitgestellte Referenzen überprüfen.
  • Probearbeit: Probearbeit ist ein Auswahlverfahren, bei dem Bewerberinnen und Bewerber für einen bestimmten Zeitraum, in der Regel zwischen einem Tag und einer Woche, in einem Unternehmen arbeiten. Unternehmen können die Fähigkeiten und Arbeitsweise der Bewerberinnen und Bewerber in einem realen Arbeitsumfeld bewerten und feststellen, ob sie gut ins Team passen.
  • Hackathons: Bei Hackathons, die von Unternehmen durchgeführt werden, lassen sich gut Projekte vorstellen, die dann von interessierten Personen in einem zeitlich überschaubaren Rahmen durchgeführt werden. Sinnvoll kann es sein, wenn diese Projekte einen Bezug zum Unternehmen haben. Teams, die Projekte gut bearbeiten, lassen sich anschließend ansprechen, ob sie Interesse an einer weiteren Zusammenarbeit mit dem Unternehmen haben.

Fazit

In der Welt der Softwareentwicklung ist es von entscheidender Bedeutung, qualifiziertes Personal zu finden und einzustellen, das dazu beiträgt, innovative und effektive Lösungen zu entwickeln. Um dies zu erreichen, müssen Unternehmen ihre Stellenanzeigen und Bewerbungsverfahren sorgfältig gestalten, um die besten Talente anzusprechen und zu identifizieren.
Eine erfolgreiche Stellenanzeige muss klare Informationen über die Anforderungen der Stelle enthalten und gleichzeitig das Interesse potenzieller Bewerberinnen und Bewerber wecken. Sie sollte eine anschauliche Vorstellung davon vermitteln, wie die Arbeit im Unternehmen aussieht und welche Perspektiven sich für die zukünftigen Mitarbeiter ergeben.
Das Bewerbungsverfahren muss zudem ein transparenter und effektiver Prozess sein, der den Bewerbern das Gefühl vermittelt, fair behandelt zu werden. Die Auswahlkriterien müssen klar definiert sein und das Unternehmen muss sicherstellen, dass es allen Bewerberinnen und Bewerbern die gleichen Möglichkeiten bietet.
Sehr wichtig ist es, im Bewerbungsprozess auf die richtigen Fähigkeiten und Erfahrungen zu prüfen. Das ist gar nicht so leicht, da sich die Technologien schnell weiterentwickeln und viele Bewerbungsprozesse von externen Dienstleistern übernommen werden, die häufig ein sehr eingeschränktes Wissen in der IT beziehungsweise Softwareentwicklung haben. Eine klare und effektive Kommunikation während des gesamten Bewerbungsprozesses ist unerlässlich, um das Vertrauen der Kandidatinnen und Kandidaten zu gewinnen und sicherzustellen, dass sie sich in ihrer Entscheidung, sich zu bewerben, bestärkt fühlen.
Insgesamt ist es wichtig, dass Unternehmen in der IT und speziell der Softwareentwicklung ihre Stellenanzeigen und Bewerbungsverfahren kontinuierlich überprüfen und optimieren, um sicherzustellen, dass sie die besten Talente anziehen und einstellen. Durch eine sorgfältige Gestaltung und ­einen transparenten Prozess können Unternehmen die Qualität ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbessern. Schlechte Prozesse führen schnell dazu, dass sich Bewerber aus Verfahren verabschieden oder gar nicht erst in Betracht ziehen, eine Bewerbung einzureichen. 
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